Miteinander reden ist schon schwierig. Nicht nur, weil wir Mühe haben, das zu sagen, was wir meinen, sondern auch deshalb, weil wir eben nur miteinander reden und nicht aufeinander hören. Das Hören vernachlässigen wir allzu gerne. Es müsse ja schnell gehen. Warum also Zeit verlieren durch mühseliges Zuhören. Lieber den Redner gleich unterbrechen, bevor das Gespräch zu lange dauert. Viele Menschen hören nur bis zur Hälfte zu, verstehen ein Viertel und wundern sich dann, wie es zu Missverständnissen kommt. Missverständnisse wieder auszuräumen kostet viel Zeit. Wer zuhört, gewinnt Zeit.
Zuhören bedeutet
Zuhören tut derjenige, der dem Redner ohne abzuschweifen bis zum Ende des Satzes gedanklich folgt und erst dann die Antwort formuliert. Strenggenommen müsste nach dem Gesagten eine Minipause von rund einer Sekunde entstehen, ehe der Zuhörer antwortet oder nachfragt.
Sprechpausen und Nachfragen wie „Habe ich das richtig verstanden, dass …?, „Meinten Sie das …“ sind neben Blickkontakt, Kopfnicken und Kurzlauten wie „Ja“, „hm“ Indizien für das bewusste Zuhören. Zuhören ist dann besonders schwer, wenn ein Reizwort fällt, auf das man sofort antworten möchte.
Zuhören bedeutet nicht, alles Gesagte nochmals nachzuplappern wie ein Papagei ehe man antwortet. Zuhören bedeutet auch nicht, alles zu dulden. Einen Gesprächspartner, der einen verbal zuschüttet, darf man jederzeit unterbrechen. Hier ist ein „STOPP! Jetzt haben Sie aber genug geredet, immer angebracht. Und Zuhören bedeutet mitnichten, mit dem Gesagten einverstanden zu sein oder es gutzuheißen.
Obwohl das Zuhören für beinahe jeden Menschen normal ist, wird die durchschnittliche Zuhörleistung nur mit etwa 25 Prozent beziffert. 51 Prozent wären ideal.
Zuhören fordert
Zuhören fordert den Zuhörer. Er muss die Botschaft nicht nur akustisch aufnehmen, sondern vor allem inhaltlich erfassen und verstehen. Zuhören ist deshalb weder passiv noch lasch, sondern fordert die ganze Konzentration. Es erfordert Geduld, den Redner nicht zu unterbrechen. Es erfordert Gelassenheit, sich bei Vorwürfen oder Kritik nicht aus der Ruhe bringen zu lassen. Zuhören ist ein ebenso aktiver Prozess wie das Sprechen, nur bewerten Menschen das Antworten weit höher als das Zuhören. Zuhören ist eines der wichtigsten Führungsinstrumente. Es ist die willentliche und bewusste Auseinandersetzung mit dem Gegenüber. Zuhören ist gelebte Wertschätzung.
Wider die Gewohnheit
Wer ein besserer Zuhörer werden möchte, sollte zunächst durch Selbstbeobachtung herauszufinden, wann er in einem Gespräch richtig zuhört und wann er mit seinen Gedanken woanders ist. Welche Kommunikationsgewohnheit hat sich hier über die Jahre eingeschliffen? Richtig Zuhören kann man lernen. Der Umgewöhnungsprozess dauert nur länger, wenn man die Gewohnheit des Nicht-Zuhörens schon lange pflegt. Verhaltensforscher haben folgende Faustregel entwickelt: Pro Jahr gelebte Gewohnheit benötigt man rund einen halben Monat Umlernzeit. Wenn man also seit rund zwanzig Jahren viel zu wenig zuhört, dann muss man mit zehn Monaten Umlernzeit rechnen bis das neue Zuhör-Verhalten zur Gewohnheit geworden ist. Sobald das Zuhören Gewohnheit ist, kostet es nicht mehr diese viele Energie, die man in der Umlernzeit aufbringen musste, um es abzustellen. Der Aufwand lohnt sich. Wer zuhört, gewinnt viel. Zeit. Klarheit. Vertrauen.